Freigänger - Ja oder Nein?
Meine früheren Katzen waren immer Freigänger, trotz dass manche sogar mehrmals mit mir umzogen. Sie wurden dennoch zwischen 18 und 19 Jahre alt. Auch Lukas, der Maine Coon Kater meines Mannes, genoss sein Leben als Freigänger in einem Vorort von München und starb im Alter von 9 Jahren an einem Tumor – nicht durch die Gefahren, die der Freigang birgt. So wollten wir auch unseren Coonies Georgi und Gino ein „artgerechtes Katzenleben“ bieten und ihnen nicht das Dasein als reine Wohnungskatzen zumuten. Dies sprach ich auch bereits beim ersten Telefonat mit deren Züchterin an, da wir ja bereits auf vielen Züchterseiten gelesen hatten, dass diese ihre Katzen nicht in „ungesicherten Freigang“ abgeben würden. Die Züchterin hatte kein Problem damit. Sie riet uns, zu warten, bis die beiden im Alter von 8 Monaten kastriert sein würden, denn danach würden sie sich wahrscheinlich nicht mehr weit vom eigenen Garten entfernen. Wir waren froh, hielten uns an den Rat, ließen Georgi und Gino am Anfang auch nur mit langer Leine in den Garten, später nur in Begleitung, bis sie schließlich auch alleine auf Entdeckungsreise gingen. Und sie liebten es, draußen zu sein! V.a. unser Georgi hatte einen starken Freiheitsdrang und ließ uns abends mehr als einmal durch die Siedlung laufen und nach ihm rufen, bis er sich schließlich bequemte, nach Hause zu kommen. Natürlich machten wir uns auch Gedanken, v.a. dass sie von jemandem mitgenommen werden könnten, weil sie zu Menschen ja großes Vertrauen hatten und hinter niemandem etwas Böses vermuteten. Wir sagten auch in der Nachbarschaft Bescheid, gingen von Haus zu Haus, zeigten Bilder, damit die Menschen in unserem Umfeld wussten, wo die beiden hingehörten. So hatten auch mehr Menschen „ein Auge auf sie“. Ja, wir waren uns des Risikos bewusst, doch wir dachten, das ist der Preis der Freiheit, und es wird schon gutgehen! Aber leider irrten wir uns…
Nach 8 Monaten wurde unser Georgi außerhalb von unserer Siedlung, doch nicht so weit weg, so heftig von einem Auto angefahren, dass er sich nur noch in einen Garten schleppen konnte, dort zusammenbrach und seinen heftigen inneren Verletzungen sofort erlag. Die Bewohnerin war gerade im Garten, fand ihn, wusste, wo er hingehörte und gab sofort Bescheid. Sie hatte noch heftiges Bremsen eines Autos gehört, das dann jedoch einfach weitergefahren war! Wir waren zutiefst erschüttert, wollten es nicht wahrhaben. Er war solch ein gutmütiger, bildschöner Kater gewesen, der mit jedem – ob Mensch, Katze oder Nachbarshund – Kontakt suchte und Freund sein wollte. Warum ereilte ihn so ein Schicksal? Natürlich fragten wir uns, ob wir die falsche Entscheidung getroffen hatten, den beiden Freigang zu ermöglichen? Doch es war noch nie zuvor eine unserer Katzen durch einen Autounfall gestorben. Wir hatten nun wahnsinnige Angst um seinen Bruder Gino und ließen ihn erstmal nicht mehr raus. Aber nun hatte er nicht nur seinen Bruder verloren, um den er stark trauerte, sondern auch seinen Garten, seine Freiheit. Was sollten wir machen? Schließlich sagten wir uns, dass Georgis Tod einfach ein schrecklicher Unglücksfall gewesen war und Gino ohnehin nicht so weit lief wie sein Bruder. Er durfte schließlich wieder raus. Und um ihm zu helfen, seine Trauer leichter zu überwinden, schauten wir uns recht schnell nach einem neuen Gefährten für ihn um, der ungefähr im selben Alter sein sollte. So kam der stolze cremefarbene Kater Xanti zu uns, der bisher ebenfalls Freigänger gewesen war und sich recht schnell und gut bei uns einlebte. Doch die beiden kamen von Anfang an nicht miteinander klar. Zuerst dachten wir, es läge daran, dass Xanti noch potent war und ließen ihn möglichst bald kastrieren. Aber auch dies änderte nichts an der Tatsache, dass Xanti immer Kontakt suchte, Gino aber nichts von ihm wissen wollte, ihn anfauchte und lieber flüchtete. Nachdem alle Bemühungen unsererseits vergeblich blieben und es einfach nur noch stressig für Mensch und Tier war, überlegten wir schon, Xanti schweren Herzens wieder herzugeben. Da geschah die absolute Katastrophe: Gino wurde in derselben Straße – nur wenige Meter entfernt von Georgis Unglücksstelle – ebenfalls von einem Auto erfasst! Er schaffte es zwar noch lebend zum Tierarzt, starb dann jedoch dort an seinen schlimmen inneren Verletzungen… Wir fielen in ein tiefes Loch, machten uns Vorwürfe, wünschten, es rückgängig machen zu können, doch es war zu spät. Wir konnten die beiden nicht mehr retten, nicht mehr zurückholen, mussten den tiefen Schmerz aushalten, der eigentlich nicht auszuhalten war. Es zerriss uns das Herz… Unser einziger Trost war, dass wir fühlten, dass Gino es so gewollt hatte. Er war seit Georgis Tod nicht mehr derselbe gewesen, seine Trauer war so stark, er wollte seinen Bruder wieder haben, und nun sind die beiden irgendwo jenseits der Regenbogenbrücke wieder vereint…
Von diesem Tag an stand für uns fest, dass wir unser komplettes Gelände einzäunen werden – wie aufwändig und teuer das auch sein würde. Wir hatten aus den dramatischen Ereignissen gelernt und wollten nie wieder eine unserer Katzen diesen Risiken aussetzen – sie aber auch nicht zu einem Leben als reine Wohnungskatze verdammen. Denn nach wie vor sind wir der Meinung, dass eine Katze die Möglichkeit haben sollte, in der Natur zu spielen, zu klettern, zu springen, zu tollen, fremde Gerüche zu erforschen, Schmetterlingen nachzujagen, Mäuse zu fangen, ihre natürlichen Instinkte auszuleben und v.a. im Sommer auch aktiv an unserem Leben draußen teilzunehmen. Denn wir möchten nicht, dass sich unsere Coonies drinnen am Fenster die Nasen platt drücken, während wir auf der Terrasse sitzen oder im Garten grillen.
Von der Planung über die Umsetzung zur Vollendung unserer Gartenpläne vergingen noch einige Monate (s. Link „Garten“). Doch wir haben es geschafft! Unsere Coonies können sich nun gefahrenlos draußen aufhalten – was sie brauchen und lieben. Zwar ist ihr Umfeld nun begrenzt, doch wir finden, das ist der beste Kompromiss!
Nun wird nicht jeder Katzenliebhaber die Möglichkeit haben, einen großen Garten einzuzäunen. Aber zumindest ein gewisser Außenbereich sollte unseren Coonies bei ihren zukünftigen Familien zur Verfügung stehen. Dies kann auch ein mit Katzennetz gesicherter Balkon oder ähnliches sein. Manche (Züchter) sind der Meinung, dass Maine Coons sich als reine Wohnungskatzen hervorragend eignen. Diese Meinung teilen wir nicht! Denn auch das größte Haus kann keine Erfahrungen und Erlebnisse in der Natur ersetzen. Und es sind WALDKATZEN! Nicht zu vernachlässigen ist auch der gesundheitliche Aspekt bzgl. Muskel- und Knochenbildung bei einer "Raubkatze".
Ob wir Freigang ausschließen? Nein – letztendlich muss jeder selbst einschätzen, wie gefährlich seine Wohnumgebung für seine Tiere ist. Wir können hier nur von unseren eigenen Erfahrungen berichten, möglichst sorgfältig die passenden Menschen für unsere Kitten auswählen und auf deren Verantwortungsbewusstsein vertrauen.